Die Vision 2020 des Eurosystems ist ein ambitioniertes Projekt zur Vereinheitlichung der Marktinfrastruktur des Eurosystems. Ziel war und ist es zu harmonisieren, das Eurosystem zu stärken und mögliche Potenziale zu heben. Bestandteil dieser Vision ist neben der Target2Konsolidierung, auf der aktuell alle Aufmerksamkeit liegt, auch die Einführung des neuen European Collateral Management System ECMS für 2023.
Was hat es mit dem ECMS auf sich und müssen Sie als Bank da mitmachen?
Um es vorwegzunehmen: Ja!
Das aktuelle und zukünftige Sicherheitenmanagement System wird genutzt, um notenbankfähige Sicherheiten für geldpolitische Kreditgeschäfte zu verwalten (z.B. Einreichung der Sicherheiten). Heute stellt jede nationale Zentralbank im Eurosystem seinen nationalen Banken eine eigene Lösung zur Verfügung. Somit existieren momentan 19 nationale heterogene Systeme.
Dies wird sich mit Einführung des ECMS ändern. Ein gemeinsames Sicherheitenmanagement-System in Form einer Plattform für alle, ist das ausgeschriebene Ziel. Die Eckdaten des neuen ECMS sind wie folgt:
- Einführung als Big Bang im November 2023
- Harmonisierte, einheitliche Standards für alle nationalen Notenbanken
- Zentraler Zugang über ESMIG (wie auch für alle weiteren Target Services)
- Sicherheitenpool als zentraler Bestandteil und Plattform zur Berechnung der möglichen Inanspruchnahme der Kreditlinie (Berechnung durch Informationen der Zentralbank, Zentralverwahrer (CSDs) und Drittpartie Agenten (TPAs)
- Nutzung des ISO20022 Standard
- Neue/ergänzende Funktionalitäten (B. automatische Mobilisierung von Cash Collateral bei Vorliegen einer Unterdeckung)
- Teilnahme verpflichtend, sollen nach der Big Bang Einführung 2023 weiterhin geldpolitische Instrumente als Sicherheit hinterlegt und auf das Sicherheitenkonto zugegriffen werden können
Die genannten Punkte stellen die teilnehmenden Banken vor die Herausforderung, Arbeitsabläufe, IT und Prozesse anzupassen und die neuen Funktionen zu integrieren.
Nach der Target2Konsolidierung also die nächste Mammut Aufgabe für die Banken? Wir würden mal JEIN sagen.
Nein, da:
- der Zugang zum ECMS analog der anderen Target Services über einen Netzwerkservice Provider und dem einheitlichen Gateway ESMIG erfolgen wird. Ein Weg, der bis 2023 also bereits (hoffentlich) bekannt und etabliert sein sollte.
- Die Anpassungen der Nachrichtenformate in ISO 20022 “nur” geldpolitische Operationen betrifft und nicht die komplexeren Nachrichtenanpassungen analog der Target2Konsolidierung
- es die Banken während der Target2Konsolidierung mit einer Vielzahl neuer Themen (u.a. der Individualzahlungsverkehr und der Nebensystemverrechnung sowie dem neuen Nachrichtenformat und der neuen Kontenstruktur) zu tun hatten. Beim ECMS geht es jedoch nahezu ausschließlich um geldpolitische Operationen. Somit scheint die Komplexität im Gesamtbild ein wenig geringer als bei der Target2Konsolidierung.
- keine Änderungen bei OMTOS (OffenMarkt Tender Operations System), welches als Bietungssystem erhalten bleibt.
-
keine Integration, aber Anbindung von MACC (Mobilisation and Administration of Credit Claims), also dem lokalen System zur Verwaltung von Kreditforderungen
Ja, da:
- eingespielte Abläufe und Prozesse sowie Systeme (z.B. das CAP der Bundesbank oder die neuen Betriebszeiten des ECMS) hinterfragt und angepasst werden müssen.
- die Nutzung neuer Nachrichtentypen in xml (relevant bei Nutzung der A2A Kommunikation) erfolgt.
- die Nutzung geldpolitischer Instrument von Institut zu Institut starl variiert (je nach Geschäftsmodell der Bank).
- eine ausgiebige Testphase über Monate Ressourcen an unterschiedlichen Stellen einspannen wird.
- zusätzliche Abteilungen, die im Target2 Umfeld noch nicht involviert waren, ebenfalls eingebunden werden müssen.
- zukünftige geldpolitischen Operationen von der Teilnahme an ECMS abhängen.
Aktuell klingen diese Herausforderungen für viele Banken noch sehr theoretisch, oberflächlich und weit weg. Der Blick ist fokussiert auf eine erfolgreich Big Bang Target2Konsolidierung gerichtet. Doch das Thema ist zu wichtig, um es auf die leichte Schulter zu nehmen. Spätestens mit Abfrage der nächsten Meilensteine im Juni 2022 durch das Community Readiness Monitoring zeigt sich, dass wir heute bereits mitten im Projekt stecken (sollten). Abgefragt werden hier nämlich die Meilenstein IAD6 „Abschluss der (internen) Softwareentwicklung für die notwendige Anpassungen an ECMS“ gefolgt vom Start des nächsten Meilensteins IAD7 „Beginn der Tests der internen Anwendungen“ am 01.07.2022.
Übrigens, mit Start in das neue Jahr 2023 startet dann auch die Testphase mit der Bundesbank. Ist ihr Institut hierfür schon bereit?
Kontaktdaten
Gravning GmbH
Hegestieg 1
20249 Hamburg
office@gravning.de