NEW WORK – WO, WARUM UND AN WAS WIR IN ZUKUNFT ARBEITEN
Covid-19 schlug zu und die Facetime-Kultur des konservativen Büros war offiziell tot. Von niemanden wurde erwartet, irgendwo aufzutauchen. Fragt man Freunde und Bekannte, ob sie wieder in Vollzeit von einem Büro aus fünf Tage in der Woche arbeiten möchten, sagen fast alle nein. Sie mögen es, den obligatorischen Arbeitsweg zu überspringen, sich von ihren Vorgesetzten auch im Homeoffice vertraut zu fühlen und die Freiheit zu haben, ihre Tage auf ihre persönlichen Bedürfnisse abzustimmen. Sie beschweren sich aber auch darüber, dass das Homeoffice nach einer Weile beengt, langweilig und einsam ist. Auch Unternehmen haben entdeckt, dass Remotearbeit nicht nur möglich, sondern in vielen Fällen auch profitabler ist. Viele stellen die Notwendigkeit des teuren und statischen Büros aus der Vor-Corona-Zeit in Frage.
Wenn also die allgemeine Bevölkerung nicht wieder ins Büro zurückkehren, aber auch nicht Vollzeit zu Hause bleiben will: Wie arbeiten wir in Zukunft? Kommt es nach der Pandemie zum großen Comeback des gefühlt veralteten physischen Büros oder setzen die Zeichen der Zeit den mehr als notwendig erachteten digitalen Wandel hin zu potenziell reiner Remote-Arbeit fort? Und sind neben dem durch das Medienrummel getriebene „Wie wir arbeiten“ ebenfalls das „Warum wir arbeiten“ und das „an was wir in Zukunft arbeiten“ von mindestens ebenbürtiger Bedeutung?
Eine hybride Kombination des physischen Büros gepaart mit dem Einsatz moderner Technologien und damit verbundener Remotearbeit wird sich auch nach Corona weiterhin durchsetzen. Sicherlich werden sich die Proportionen hin zur Remotearbeit verschieben, während die Nutzung der physischen Offices die Ausnahme bleiben könnte. Organisationen, die bereits seit einigen Jahren neue Arbeitsweisen im hybriden Sinne und der mit dem digitalen Wandel einhergehenden Devise “Virtual-First” übernommen haben, zeigen insgesamt vier wesentliche Grundvoraussetzungen für hybrides Arbeiten auf:
- Der Arbeitsplatz ist auf Homeoffices, das klassische Office sowie Satellitenbüros verteilt. Die Mitarbeiter können je nach Art ihrer Arbeit und den Präferenzen der Teams wählen, ob sie aus der Ferne oder von Angesicht zu Angesicht arbeiten wollen.
- Die Workforces sind virtual-ready. In diesem Kontext wissen Führungskräfte, wie sie ihr Team aus der Ferne managen, coachen, zusammenarbeiten, Leistung bewerten und motivieren können.
- Die Technologie ermöglicht mehrere Arbeitsweisen. Daten werden in der Cloud gespeichert, IT-Access und IT-Sicherheit sind auf die unterschiedlichen Arbeitsmodi zugeschnitten und Anwendungen ermöglichen eine nahtlose virtuelle Zusammenarbeit.
- Die (u.a. digitale) Zusammenarbeits-Kultur basiert auf Vertrauen und Zugehörigkeit. Zwischenmenschliche Bindungen werden mit großem Interesse und Sorgfalt aufgebaut.
Grundsätzlich sind hybride Arbeitsweisen für digital orientierte Unternehmen nichts Neues. Es ist keine neue Erkenntnis festzustellen, dass ein hybrider Mix aus dem reinen Arbeiten im klassischen Office und dem reinen digitalen Remotearbeiten die Lösung sein kann. Unternehmen, die erst seit Corona hybride bzw. digitale Arbeitsweisen für sich entdeckt haben, sind abermals mit ihren defizitären Digitalisierungsgrad konfrontiert worden. Dennoch geht es grundsätzlich beim Thema New Work nicht nur um das „Wie“, sondern viel mehr um das „Warum“ und „an was“ wir in Zukunft arbeiten.
Einige Lessons-Learned, die wir im Jahr 2020 hatten: Wir können die meisten Aufgaben Remote erledigen, ohne dass es zu Produktivitäts- oder Qualitätseinbußen kommt. Die meisten Mitarbeiter schätzen Flexibilität, besonders diejenigen mit langen Pendelzeiten. Im Laufe der Zeit ist jedoch eine direkte face-to-face Kommunikation erforderlich, um die Zusammenarbeit zu erleichtern, Beziehungen aufzubauen, komplexe Herausforderungen zu lösen und Ideen zu generieren. Kontinuierliche Remote-Arbeit verlängert den Arbeitstag, weicht die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben auf und kann das Wohlbefinden negativ beeinflussen.
Angesichts dieser positiven und negativen Lessons haben Organisationen begonnen ihre Arbeitsrahmenbedingungen neu zu überdenken. Diese Neukalibrierung wird zu einer nachhaltigen und neuen Normalität führen. Bei der Erforschung der ungewissen neuen Normalität schweifen die Blicke in moderne Arbeitswelten nach Silicon Valley.
Der Modern-Work-Pionier Google hat in der Vergangenheit kontinuierlich das Bild der state-of-the-art Arbeitswelt geprägt. Dr. Frederik Pferdt (Chief Innovation Evangelist bei Google und Gründer von Google‘s “The Garage”) interpretiert Corona in einem Interview mit dem Harvard Business Review weniger als größtes Problem, sondern als größte Chance unserer Menschheit. Dabei appelliert er Reframing als Mindset zu trainieren. Grundlegend baut Reframing auf ein optimistisches Mindset auf, was Probleme als Chancen interpretiert. Im Kontext von New Work bedeute dies Auszuprobieren und Fehler zuzulassen, um letztlich Arbeitsatmosphären zu schaffen, die unter Berücksichtigung moderner Technologien menschliches Potenzial entfalten zu können. Um unter Berücksichtigung von Reframing innovative Ansätze zu erforschen und umzusetzen, sind laut Dr. Pferdt unter anderem folgende Guidelines von zentraler Bedeutung:
- „Work is always new“ – Arbeit verändert sich ständig und Wandel ist etwas Konstantes.
- Fokus Mitarbeiterbedürfnisse – Wie wollen wir Arbeit prägen, die die menschlichen Bedürfnisse in den Mittelpunkt rückt und die Möglichkeiten von Technologien nutzbar macht?
- Try and Error – Experimentieren mit New Work unter dem Appell: Ins Risiko gehen, Fehler zulassen und neue Arbeitsmethoden ausprobieren, um den Zukunftsentwurf rund um New Work schrittweise Realität werden zu lassen.
- Purpose – Es ist nicht nur wichtig wie man arbeitet, sondern auch an was man arbeitet. Welchen Sinn gebe ich der Arbeit als Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
- Trust – Empathie ist eine der wichtigsten Zukunftsfähigkeiten für Menschen – konkret für Führungskräfte.
Aus den Erkenntnissen dieser Guidelines kann abgeleitet werden, dass es beim Trendthema New Work weniger darum geht zu Hause, im Office oder mobil zu arbeiten, sondern unter Berücksichtigung von Mitarbeiterbedürfnissen und dem Einsatz von modernen Technologien neue Arbeitswelten zu schaffen. Wichtig ist kontinuierlich mit New Work Ansätzen zu experimentieren und bereit zu sein Fehler zu machen, um so dem generischen unternehmerischen Interesse gerecht zu werden und aus bestmöglichen (hybriden/digitalen) Rahmenbedingungen einen bestmöglichen Output zu generieren.
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