Im Juli 2021 hat die europäische Zentralbank (EZB) bekannt gegeben, die Pläne zu einem digitalen Euro nun verstärkt verfolgen zu wollen. Das dieses Projekt nun wieder verstärkt in den Fokus rückt, liegt an der Zustimmung des europäischen Rates sowie der Unterstützung aus der Politik, sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene. Daher beginnt bereits im Oktober 2021 eine zweijährige Untersuchungsphase, an deren Ende eine Entscheidung über die Umsetzung getroffen wird. Sofern die Entscheidung für eine Umsetzung positiv ausfällt, folgt eine Phase zur Erarbeitung von Lösungen und dem Testen dieser. Die EZB-Präsidentin Christine Lagarde hält es für realistisch, dass Verbraucher bereits in fünf Jahren mit dem digitalen Euro einkaufen können. Doch was genau bedeutet eigentlich „Digitaler Euro“, was sind die Hintergründe und vor welchen Herausforderungen steht eine solche digitale Währung?  

Was ist der digitale Euro?

Der digitale Euro soll dem Bargeld gleichstehen und eine Ergänzung zu diesem darstellen. Wichtig zu erwähnen ist dabei, dass der digitale Euro das Bargeld in keiner Weise ersetzen soll. Er würde ebenfalls, wie das Bargeld, durch die EZB ausgegeben, geschützt und reguliert werden und wäre daher im Punkt der Vertrauenswürdigkeit auf einer Stufe mit dem Bargeld. Die Digitalwährung soll dabei separat vom Geld auf den Girokonten in digitalen Brieftaschen (sog. „Wallets“) verwahrt werden. Den Verbrauchern und Unternehmen soll er die Möglichkeit bieten, auch digital mit einer Währung zu zahlen, die mit einer direkten Forderung gegenüber der Notenbank hinterlegt ist. Damit soll die Stabilität des Euros gegenüber Kryptowährungen, privatwirtschaftlicher digitaler Währungen (Bsp. Diem von Facebook) oder auch Digitalwährungen anderer Staaten (Bsp. China mit dem e-Yuan) sichergestellt und die Finanzsouveränität des Euroraumes gewährleistet werden. 

Hintergründe zur Einführung eines digitalen Euros

Mit den Plänen zur Einführung eines digitalen Euros reagiert die EZB vor allem auf aktuelle Nachrichten aus anderen Ländern, die offen über die Pläne zur Einführung von digitalen Währungen sprechen. Allen voran sei hier China genannt, die in der Entwicklung einer digitalen Währung, dem e-Yuan aktuell eine Vorreiterrolle innehaben. In China wurden bereits erste Probeläufe mit der digitalen Währung in einigen Millionenmetropolen gestartet. Aber auch die USA hat bereits in jüngerer Vergangenheit offiziell verkündet, dass sie sich aktuell mit dem Thema eines digitalen Dollars beschäftigen. Hier ist der Prozess allerdings noch nicht so weit fortgeschritten wie in Europa, wo der Startschuss für die Untersuchungsphase bereits gegeben wurde. 

Neben der Reaktion auf die Pläne anderer Wirtschaftsmächte, soll ein digitaler Euro zudem eine Alternative zu privaten digitalen Währungen wie beispielsweise dem Bitcoin darstellen und diesen die Stirn bieten. Den Verbrauchern soll somit auch im Zeitalter der Digitalisierung ein Zugang zur sichersten Form des Geldes, dem Zentralbankgeld, ermöglicht werden. 

Hervorgehoben werden in der Planung eines digitalen Euros immer Punkte bezüglich der Sicherheit und Kosten für die Verbraucher. Bei der Einführung einer Digitalwährung soll vor allem die Sicherheit an oberster Stelle stehen. Vorteil eines digitalen Euros ist es dabei, dass dieser genau wie Bargeld, eine direkte Forderung gegenüber der Notenbank darstellt. Somit soll der digitale Euro dem Bargeld gleichstehen, was bei anderen digitalen Währungen nicht der Fall ist. Die Sicherheit liegt zudem darin begründet, dass der digitale Euro sogar vor einer möglichen Pleite der eigenen Hausbank gesichert wäre. Darüber hinaus soll der digitale Euro auch Vorteile in Bezug auf die Kosten beim Bezahlen  im Internet bringen und insbesondere bei kleinen Zahlungen einen deutlichen Vorteil gegenüber bestehenden Bezahlverfahren und digitalen Währungen bieten. 

Herausforderungen des digitalen Euros

Die Einführung eines digitalen Euros birgt allerdings einige Hürden, die es zu überwinden gilt. Als erstes sei hier die Entwicklung eines geeigneten Geschäftsmodells genannt. Dazu ist es von entscheidender Bedeutung bereits zu Beginn der Untersuchungsphase alle Marktteilnehmer einzubeziehen. Ein digitaler Euro kann nur dann funktionieren, wenn alle relevanten Gruppen – Verbraucher, Händler, Unternehmen, Banken und Politik – eingebunden sind und die Anforderungen dieser Gruppen an eine digitale Währung Berücksichtigung finden. Dabei können aber nicht alle Anforderungen zu gleichen Teilen erfüllt werden. Die EZB und das Eurosystem sind mit dem digitalen Euro in der Lage, das öffentliche Gut ‚Zahlungsverkehr‘ für das Gemeinwohl bereitzustellen. Verschiedene Meinungen und Beiträge von Institutionen, Bürgern und Fachleuten aus dem Handel können wertvolle Beiträge zu einer initialen Bewertung liefern. 

Es stellt sich dabei die Frage, wie ein digitaler Euro ausgestaltet sein muss, um erfolgreich zu sein und auch in 20 Jahren noch volle Akzeptanz in Europa zu genießen. Die Schaffung von Transparenz und eine klare Kommunikation im Hinblick auf Auswirkungen und Ziele des digitalen Euros, sind ein bedeutender Faktor und zugleich unerlässlich! Ohne die Bereitschaft der Endnutzer den digitalen Euro als Zahlungsmittel zu akzeptieren und zu nutzen, wird der Wunsch nach einem digitalen europäischen Zahlungsverkehr scheitern. Je höher die Akzeptanz bei Verbrauchern, desto höher die Akzeptanz bei Händlern und desto höher die Bereitschaft der Intermediäre, Zahlungslösungen für Endnutzer zu entwickeln. 

Darüber hinaus muss die zweijährige Untersuchungsphase realistisch betrachtet im Rahmen der zuvor gesteckten Ziele die vereinbarten Ergebnisse liefern. Nur so kann im Anschluss unmittelbar in die Umsetzung des digitalen Euros gestartet und die Konkurrenz- und Wettbewerbsfähigkeit der EU im globalen Kontext sichergestellt werden. Es gilt, die potenziellen Auswirkungen eines digitalen Euros im Hinblick auf die Kernaufgaben und Kernfunktionen des Eurosystems detailliert zu analysieren, um entsprechende Anforderungen ableiten zu können, die der digitale Euro erfüllen sollte, unabhängig davon, welche konkrete technische und praktische Ausgestaltung dieser letztendlich haben wird.  

Ein digitaler Euro kann und soll im ersten Schritt physisches Bargeld und bestehende unbare Zahlungssysteme nur ergänzen und nicht ersetzen. Genau wie Bargeld muss er in Europa für alle zugänglich sein, um die identitätsstiftende Wirkung der gemeinsamen Währung erhalten und stärken zu können. Die Herausforderung der EZB und dem Eurosystem bei der Entwicklung eines Geschäftsmodells liegt darin, einen geeigneten Rahmen dafür vorzugeben. Dafür ist die Zusammenarbeit von allen relevanten nationalen Zentralbanken in der EU nötig. Dies gewährleistet die Einbeziehung nationaler Anforderungen der einzelnen EU-Mitgliedsländer. Nur so kann aufgezeigt werden, ob Änderungen des EU-Rechtsrahmens erforderlich sind, die nur gemeinsam mit allen Mitgliedsstaaten beschlossen werden können. Ebenso kann die Schaffung bzw. Berücksichtigung internationaler Schnittstellen zu anderen digitalen Währungen ebenfalls nur gemeinsam erfolgen. 

Eine große Herausforderung stellt darüber hinaus die Wahl der passenden technischen Infrastruktur dar. Je nachdem, ob sich für eine zentrale oder dezentrale Infrastruktur entschieden wird, ändert sich die Rolle des privaten Sektors. Genannt sei hier beispielsweise die Möglichkeit zur Abbildung einer digitalen Währung mittels Blockchain-Technologie. Unabhängig davon ist es allerdings entscheidend, dass der private Sektor in beiden Konstellationen ermutigt wird, neue Geschäftsfelder auf der Grundlage digitaler Euro-Dienste auf- bzw. auszubauen. 

Konkrete Beispiele, die für ein Geschäftsmodell zur Einführung eines digitalen Euro aus unserer Sicht berücksichtig werden müssen, ist ein erforderliches Konzept der Datenspeicherung und Datensicherung, dass die Basis für alle weiteren Bemühungen darstellen wird. Das Aufsetzen bedarfsgerechter Regularien (persönliche Daten, Obergrenze für Guthaben, Altersnachweise, jugendfreie Käufe etc.) schafft die Grundlage zur Gestaltung eines Rahmenkonzeptes, welches die nötige regulatorische Sicherheit für alle Beteiligten bietet. Hierzu gehören ebenfalls die Implementierung von Steuerungsmöglichkeiten (Haltelimits, gestaffelte Vergütungen etc.) sowie die Absicherung gegen technische Ausfälle und Missbrauch. Alternativlos ist zudem die Gewährleistung anonymer Zahlungen unter Einhaltung der Vorgaben zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.  

Bei der Entwicklung eines digitalen Euro muss darauf geachtet werden, dass er mit den Lösungen von Anbietern privater Zahlungsdienste kompatibel ist und sich folglich die Investitionskosten auf ein überschaubares, aber erforderliches Maß beschränken. Eine Kompatibilität zu bestehenden Verfahren und IT-Infrastrukturen der Industrie, die bereits genutzt werden, würden auf der einen Seite ein gewisses Maß an Interoperabilität gewährleisten, auf der anderen Seite aber auch die Möglichkeit schaffen, alte Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen abzulösen. Hierbei gilt es, Potenziale für die Anbieter der aktuellen Infrastruktur aufzuzeigen. Dies würde die Bereitstellung von gesamteuropäischen Lösungen und zusätzlichen Dienstleistungen für Verbraucher erleichtern. Dennoch ist eine klare Kommunikation erforderlich, dass es nicht gänzlich ohne Investitionen erfolgen kann. Fortschritt und Neuerungen basieren immer auch auf Investitionen, ohne die auch kein Erfolg generiert werden kann. Schließlich möchte auch jeder Marktteilnehmer in Europa von einem digitalen Euro profitieren. 

Von entscheidender Bedeutung ist hierbei der kostenlose Zugang zur digitalen Währung für jeden Verbraucher. Eine permanente Verfügbarkeit (Offline-Nutzbarkeit) sollte zudem obligatorisch sein. Der digitale Euro bietet hier die Möglichkeit den digitalen Zahlungsverkehr widerstandsfähiger zu machen. Um sich von volatilen Finanzgebilden wie dem Bitcoin abzugrenzen, ist die Währungsstabilität entsprechend der analogen Währung für den digitalen Euro eine Grundvoraussetzung, die aber in der Außenwirkung klar und deutlich positioniert werden muss. Die Möglichkeit der Einbindung weiterer Dienstleistungen sowie die Möglichkeit im gesamten Euroraum und final mit globaler Ausrichtung zu bezahlen ist für den Endnutzer ein wichtiger Faktor. Zudem dürfen keine zusätzlichen Kosten entstehen, die über die Nutzung von originärem Bargeld hinausgehen. Um den Endnutzern darüber hinaus eine Ergänzung zum Bargeld bieten zu können, ist ein Realtime Settlement analog Instant Payment notwendig, sodass Zahlungen innerhalb weniger Sekunden abschließend verarbeitet werden können. 

Um die Relevanz des digitalen Euros zu garantieren und sicherzustellen, dass die Nutzer tatsächlich von seinen Vorzügen profitieren können, könnte seitens der EZB und des Gesetzgebers eine Annahmepflicht im Handel in Betracht gezogen werden. Mögliche Entgelte sollten entlang der gesamten Wertschöpfungskette im öffentlichen Interesse reguliert werden und verbraucherseitig alle Transaktionen sowie die Nutzung der Wallet umfassen. 

EZB und Eurosystem müssen sich hierbei an ihren grundlegenden Zielen orientieren und daran messen lassen. Hierzu zählen gesellschaftsbezogene Ziele, wie Nachhaltigkeit, Autonomie und das Prestige Europas sowie geldpolitische, zahlungsverkehrsbezogene und wertaufbewahrungsbezogene Ziele, die in Einklang mit den Zielen weiterer Interessengruppen gebracht werden müssen. Vordergründig geht es darum, nachteilige Auswirkungen auf die Geldpolitik und die Finanzstabilität auszuschließen. 

Insgesamt sind wir der Meinung, dass das Geschäftsmodell mit der Definition konkreter funktionaler Use Cases für den digitalen Euro auf den Weg zu bringen ist. Die nutzerbasierte Ausgestaltung dieser Anwendungsfälle ist eine weitere zentrale Herausforderung während der Untersuchungsphase und zugleich Erfolgsfaktor für die Akzeptanz aller Markt- und Nutzergruppen. Der Erfolg des digitalen Euros hängt nach unserer Auffassung von einer umfassenden Bewertung der genannten Herausforderungen ab. Seine Einführung ist stets nicht nur eine technische, sondern vor allem auch eine politische Entscheidung. Unter diesem Gesichtspunkt müssen auch die Herausforderungen detailliert aufgezeigt und analysiert werden. Eine ganzheitliche Betrachtungsweise ist hier der ausschlaggebende Faktor. Daher erfolgt die Entwicklung eines geeigneten Geschäftsmodells für den digitalen Euro nicht ausschließlich auf Basis der Akzeptanz der Händler oder der Entwicklungs-möglichkeiten bestehender und zukünftiger Intermediäre, sondern als Zusammenspiel und unter sorgfältiger Abwägung europäischer Zusammenhänge und Märkte.

 

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