Im Oktober 2025 sollen flächendeckend Instant Payments möglich sein – und was machen wir dann damit? 

Es ist für europäische Banken noch einiges zu tun, um pünktlich zum 09. Oktober des kommenden Jahres die Instant Payments Regulierung gemäß Verordnung (EU) 2024/886 des Europäischen Parlaments und des Rates vollständig umgesetzt zu haben. Selbst die Institute, die bereits Instant Payments empfangen und senden können, haben noch einiges vor sich, Verification of Payee ist hier nur ein (prominentes) Beispiel.

Aber wir möchten die Regulierung und deren Details heute einmal hinter uns lassen, einen Blick nach vorn werfen und uns fragen, was wir alles mit der Errungenschaft einer Instant Payments Infrastruktur anfangen können (sollten).

Der Blick nach vorn beginnt, wie so häufig, mit einem Blick in die Vergangenheit.

Balken CD Gravning

Viele Paymentverfahren und Zahlarten sind gekommen und wieder gegangen. Und viele der aktuellen Verfahren, sei es im E-Commerce oder am Point of Sale, stehen nicht allen Zahlenden zur Verfügung. Gemein haben die verschwundenen und die bestehenden Player, dass jeweils nie alle potenziellen Nutzer:innen tatsächlich dieses Zahlverfahren nutzen konnten bzw. können; es gab oder gibt immer ein Kriterium, dass viele User ausgeschlossen hat. So haben nicht alle Banken an paydirekt/giropay teilgenommen, Android-User können nicht mit Apple Pay bezahlen und nicht jede/r hat eine girocard, da nicht alle Banken diese herausgeben. 

Mit Instant Payments wird sich dies ändern (können), denn Instant Payments wird es bei allen Banken geben, die ihren Kunden Zahlungskonten anbieten. Dies bedeutet, dass mit Umsetzung der EU-Verordnung in der SEPA-Region für alle Bankkunden eine flächendeckende Instant Payments Infrastruktur zur Verfügung stehen wird. 

Instant – the new normal  

Wenn es flächendeckend Instant Payments gibt, wozu benötigen wir dann noch die klassische SEPA-Überweisung? Es mag noch einzelne Anwendungsfälle geben, aber insgesamt ist davon auszugehen, dass der Anteil der Echtzeitüberweisung ab Oktober 2025 sprunghaft ansteigen wird und die bisherigen ca. 13 % aller SEPA-Überweisungen als eine frühe Randnotiz erscheinen lassen.  

Es ist zu erwarten, dass im Online-Banking und den Apps vieler (vor allem Retail) Banken keine Unterscheidung zwischen Überweisung und Echtzeitüberweisung mehr vorgenommen wird (warum auch? Es gibt keinen Preisunterschied mehr).  

Es wird das Ziel der Banken sein, perspektivisch die klassische SEPA-Überweisung nicht mehr anzubieten und somit die Systeme und die Prozesse für deren Abwicklung einstellen zu können. Ob dies gelingen wird und wie sich dies auf die Kosten der Institute auswirkt bleibt abzuwarten. Ein kompletter Verzicht auf die SEPA-Infrastruktur aus dem Pre-Instant-Zeitalter würde zudem erst gelingen, wenn es auch für die SEPA-Lastschrift und das SEPA Card Clearing sinnvolle Beschleunigungsideen oder valide Alternativen gäbe. 

Scheme Alternative?  

Request-to-Pay und Account-to-Account (A2A )Payments sind nicht neu, führen aber trotz einiger vielversprechender Ideen und Pilotprojekten noch ein Schattendasein. Dies kann sich durch Instant Payments ändern; das Interesse der Händler ist grundsätzlich vorhanden. Mit auf Instant Payments basierenden Zahlverfahren entsteht aus Sicht des Handels endlich eine Alternative, zumindest aber eine Ergänzung, zu dem bestehenden Oligopol aus Card Schemes, Apple Pay, PayPal etc. – im E-Commerce und auch am Point of Sale. 

Von essenzieller Bedeutung ist es jedoch, dass Lösungen geschaffen werden müssen, die verhindern, dass Kunden im E-Commerce ihre IBAN eingeben müssen, wenn diese sich für Request to Pay oder A2A entscheiden. Von einer einmaligen Hinterlegung im Kundenprofil bis zu einer Kommunikation zwischen Händler-App und Bank-App ist hier einiges möglich.   

Ist dies gelungen, könnten Kunden im E-Commerce Shop die Zahlart Request-to-Pay / A2A auswählen, es wird vom Händler ein Request per Push in die Banking-App geschickt und die Kunden bestätigen den Request – fertig… und final für Händler und Zahlende! Noch ist es Zukunftsmusik, aber Banken und Händler könnten hier etwas zusammen im Interesse ihrer gemeinsamen Kunden angehen.  

Optimierung  

Künftig können alle SEPA-Überweisungen an dem Tag ausgeführt werden, an dem die Zahlung auf dem Konto der Zahlungsempfänger eintreffen muss.  Mietzahlungen, die am 1. eines Monats beim Vermieter sein müssen, können am 1. des Monats ausgeführt werden. Gehälter können an dem Tag gezahlt werden, an denen das Geld bei den Mitarbeitenden auf dem Bankkonto sein soll und nicht mehr 2 Tage vorher. Für Unternehmen bedeutet dies Liquiditäts- und auch Zinsvorteile. 

Zusätzlich können Instant Payments zur Optimierung der Supply Chain beitragen, da Wartezeiten im Payment-Umfeld künftig entfallen und bestellte Waren oder Rohstoffe umgehend nach Zahlung versandt oder ausgeliefert werden können. Wenn es darüber hinaus gelänge, die ERP-Systeme von Unternehmen umfassender in den Payment-Flow zu integrieren, kämen zu den Instant Payments auch Instant Reconciliation und Instant Accounting hinzu. 

Wasser im Wein  

Zahlungen, die innerhalb von 10 Sekunden irreversibel auf dem Empfängerkonto angekommen sind, sind für Fraudster ein willkommenes (neues) Spielzeug. 

Ein Blick über den Ärmelkanal zeigt eindeutig auf, dass seit Einführung von Faster Payments (dem Instant Scheme der britischen Banken) im Jahr 2008 das Gros der betrügerischen Transaktionen instant ablaufen. Der Betrug mit autorisierten Push-Payments (APP) ist im Vereinigten Königreich die größte Betrugsart im Zahlungsverkehr, sowohl was die Zahl der Betrugsfälle als auch den Wert der Verluste betrifft. Auf Faster Payments entfielen im Jahr 2021 wiederum 97 % der Betrugsvorfälle dieser Kategorie.  

In den kommenden Monaten müssen sich Banken und ihre Provider für die zu erwartende Zunahme von Instant Fraud wappnen. Meines Erachtens kann dies nur gelingen, wenn alle den Schulterschluss gegen die Betrüger wagen. Banken befinden sich in Fraud Prevention und Detection nicht im Wettbewerb miteinander, sondern sollten vielmehr die Kräfte bündeln (in Anlehnung an die NATO könnte ein Betrugsversuch bei einer Bank als Angriff auf alle Banken verstanden werden), Informationen zu Payment Fraud untereinander teilen und so gemeinsam für die Sicherheit von und Vertrauen in Instant Payments sorgen.

Ausblick & Appell   

Wenn man einmal anfängt sich Gedanken zu machen, welche Produkte und Services basierend auf Instant Payments entstehen könnten, erkennt man schnell, welche Dimension die anstehende Schaffung der flächendeckenden Instant-Infrastruktur hat. Ich freue mich drauf!  

Wir müssen aber trotzdem vorher die vermeintlich lästige Aufgabe der Umsetzung der Verordnung bewältigen. Wie bereits bei Target2 gibt es keinen Gewinner, wenn nicht alle Banken eine regulatorische Vorgabe umsetzen können, sondern nur Verlierer. Lasst uns also den Endspurt gemeinsam angehen, den intensiven Austausch suchen und orchestrieren und Banken-übergreifend die kommenden Herausforderungen (VOP, Fraud, Test, …) meistern.    

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